Spranger, Gerhard
Thema: Ehrenamt, Glaubenszeugnis
Das eigene Seelenheil nicht von dem der anderen trennen
Familienvater zeigt grenzenloses Engagement für die Kirche
Gerhard Spranger (1944-2005) war langjähriger Vorsitzender des Diözesanrates der Katholiken im Bistum Passau. Was motiviert einen Familienvater, der mitten im Beruf steht, sich über viele Jahrzehnte hinweg in der Kirche zu engagieren?
Der berufliche und private Werdegang ist schnell erzählt: Geboren 1944 in Vilshofen / Niederbayern, nach dem Abitur am Humanistischen Gymnasium Leopoldinum in Passau und dem Studium der Philosophie und Theologie und der Rechtswissenschaften in Passau, Rom und Würzburg schlug Gerhard Spranger die Laufbahn als Richter ein; die beruflichen Stationen waren Wuppertal, Düsseldorf, Landau an der Isar, Deggendorf und Passau. Von 1982 an war er als Jugendrichter in Passau tätig und sorgte sich besonders um die jungen Leute, um ihnen „die Möglichkeit klar zu machen, wie man zusammenleben muss“; deshalb engagierte er sich auch für die Caritas-Hilfe „Brücke“ für straffällige junge Leute in Passau.
Neben dem Beruf und der Familie – Frau und zwei Kinder – engagierte sich Gerhard Spranger viele Jahrzehnte in den kirchlichen Gremien, besonders im Diözesanrat der Katholiken im Bistum Passau. Seit 1994 bis zu seinem frühen Tod war er der Vorsitzende dieses Gremiums.
Was motivierte einen Menschen wie Gerhard Spranger dazu, unermüdlich in tausenden Sitzungsstunden, Gesprächen, Verhandlungen, Diskussionen und Konferenzen für die kirchlichen Laien in der Kirche und in der Welt einzutreten und dabei keine Rücksicht auf seine angeschlagene Gesundheit zu nehmen?
Gerhard Spranger hat das so formuliert: „Ein Christ muss die Welt annehmen, wie sie ist. Er darf den Dialog mit ihr nicht meiden. Jeder Christ ist berufen, in dieser profanen Welt zu ihrem Wohle zu wirken. Das setzte eine innere Haltung voraus, die jeder Christ zur Grundlage seines Handelns muss. Er soll in dem Bewusstsein handeln, dass das eigene Seelenheil nicht vom Suchen nach dem Heil des anderen zu trennen sei. Deshalb muss für jedem verantwortungsbewussten Christen ein Haltung klar sein: Die Forderung nach aktiver Teilnahme am politischen Leben, zum Wohle der Gemeinschaft.“
Bischof Wilhelm Schraml beschrieb Gerhard Spranger in der Ansprache beim Requiem:
„Er hat nicht locker gelassen, wenn gesellschaftliche Strömungen dem christlichen Menschenbild und den Wertvorstellungen unseres Glaubens entgegenwirkten. Er hat nicht geschwiegen, sondern sein Stimme erhoben, wenn politische Entscheidungen der katholischen Kirche widersprachen. Er scheute nicht das offene und kritische Wort gegenüber Politik und Gesellschaft. Gerhard Spranger hat sich eingesetzt, dass auch viele andere sich als lebendige Steine einfügen in den Bau der Kirche. Er hat sich konsequent engagiert. dass die ehrenamtlich tätigen Frauen und Männer den ihnen eigenen Platz einnehmen und Mitverantwortung tragen können. Mit ihm durfte man ringen, wenn es um die Anliegen der gewählten Räte ging. Man konnte dies aber auch gerade deswegen, weil es Gerhard Spranger nicht um sich selbst ging, sondern um die Sache Jesu Christi, um seine Kirche.
Konsequent war er und integer. Klar im Standpunkt, vermittelnd im Austausch, manchmal mit trockenem Humor gewürzt. Hoch intelligent waren seine Beiträge, geschliffen aus der Erfahrung eines Richters. Damit war einer in den verschiedenen Gremien der Räte ein geschätzter Gesprächspartner.“
Der Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Dr. Walter Bayerlein, formulierte in seinem Nachruf: „Stets war er ein Anwalt der einfachen Leute, deren Leben und Nöte er gut kannte. Obwohl er sich aus seiner richterlichen Erfahrung keien Illusion über die Realität des Lebens machte und die Schwächen der Menschen wirklichkeitsnah einschätzte, liebte er die Menschen. Diese Grundhaltung, die er als Richter und als Christ unaufdringlich, aber spürbar lebte, kennzeichnete sein ganzes Wesen … Dabei gehörte Gerhard Spranger nicht zu den leicht biegbaren Naturen. Erkannte er in seinem Gewissen Grenzen des Kompromisses, sprach er das deutliche aus. So hat er nie ein Hehl daraus gemacht, dass er die Arbeit von Donum Vitae in der Schwangerschaftsberatung zum Schutz besonders gefährdeten Lebens für sehr wichtig hielt, auch wenn diese Initiative innerkirchlich nicht unumstritten war … Gerhard Spranger hat die Aussagen des II. Vatikanischen Konzils über die tragende Rolle der Laien ganz ernst genommen. Er hat diese Leitidee des Konzils nicht als Machtanspruch verstanden, sondern als unmittelbaren Auftrag des Herrn der Kirche selbst.“