Klatovy (dt. Klattau) – Steinerner Spiegel – ein Denkmal für die Opfer der Heydrichiade
Das Denkmal von 1999 befindet sich in Klatovy (Klattau) im Garten der so genannten Singer-Villa, die während des Zweiten Weltkriegs das Hauptquartier der Gestapo war und heute einen Kindergarten beherbergt. Der glänzende Steinkreis mit einer einfachen Inschrift in der Mitte erinnert an die Kämpfer:innen gegen das Naziregime, die während der sog. Heydrichiade auf dem ehemaligen Militärschießplatz im Wald Spálený les in Luby bei Klatovy hingerichtet wurden.
Die Gedenkstätte ist nur während der Öffnungszeiten des Kindergartens frei zugänglich, ein Besuch sollte im Voraus mit dem dortigen Personal vereinbart werden.
Auschnitte aus dem Gespräch mit dem Regionalhistoriker und Geschichtslehrer Lukáš Kopecký
Das Denkmal, das vor dem Haupteingang der ehemaligen Villa der Familie Singer in den Boden eingelassen ist, stellt eine Scheibe mit einem Durchmesser von 6,40 m dar, die aus mehreren Stücken schwarzem polierten Dolerit zusammengesetzt ist. (Dolerit ist ein dunkles Eruptivgestein aus Simbabwe, das manchmal fälschlicherweise als schwarzer Granit bezeichnet wird). Auf der polierten Oberfläche spiegelt sich eindrucksvoll der umliegende Garten mit seinen hochgewachsenen Sträuchern und Bäumen sowie die Villa selbst. In der Mitte des Kreises steht die Inschrift AN DIE UM DAS LEBEN UND DEN TOD BERAUBTEN - AN DIE GEFALLENEN UND DIE OPFER DIESES ORTES – WIR WERDEN UNS IMMER ERINNERN. Eine Gedenktafel am Garteneingang mit Informationen über den historischen Kontext ergänzt das Denkmal.
An die Opfer der Klattauer Gestapo erinnerte ursprünglich eine Gedenktafel, die in den 1970er Jahren an der Fassade der Villa links vom Haupteingang angebracht war. In den 1990er Jahren initiierte der örtliche „Tschechische Verband der Freiheitskämpfer“ die Entstehung eines größeren und würdigeren Denkmals und wandte sich mit dieser Idee an den Bildhauer Václav Fiala aus Klatovy. Das Denkmal besteht aus einer steinernen Scheibe, die der Künstler erstmals 1997 bei seiner Ausstellung auf der Prager Burg präsentierte, wo sich auf der glänzenden Oberfläche der Veitsdom spiegelte. Auf das Denkmal wurde dann eine Inschrift eingraviert und 1999 wurde es eingeweiht.
Die Villa gehörte ursprünglich der jüdischen Familie Singer. Sie waren die Inhaber der örtlichen Lederfabrik, nach 1945 bekannt als „Kozak“. Den Brüdern Singer gelang vor dem Krieg die Flucht nach Südamerika. Ihre Villa in Klatovy wurde beschlagnahmt und zur Zentrale der Gestapo von 1939 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Die tragischste Periode, die mit der Tätigkeit der örtlichen Gestapo verbunden ist, ist die sogenannte „Heydrichiade“. Dieser Begriff umschreibt die Zeit schwerer Repressionen nach dem tödlichen Attentat auf den Reichsprotektors Reinhard Heydrich. Insgesamt 73 Menschen, darunter 17 Frauen, wurden zwischen dem 31. Mai und dem 3. Juli 1942 auf dem nahe gelegenen ehemaligen Militärschießplatz im Wald Spálený les in Luby bei Klatovy hingerichtet. Dabei handelte es sich um Klattauer Widerstandsmitglieder, Intellektuelle, Unterstützer der in Mittelböhmen eingesetzten Fallschirmjäger, aber auch um völlig unbeteiligte Menschen. Die Erschießungen wurden von Angehörigen der Schutzpolizei aus Klatovy durchgeführt und die Leichen wurden zur Einäscherung ins Krematorium nach Pilsen gebracht. Die Asche der Hingerichteten wurde anschließend in eine Grube im Garten der Villa der Familie Singer geschüttet. Nach dem Krieg wurden die Reste der Asche geborgen und symbolisch in 73 Urnen aufgeteilt. Einige von ihnen wurden von den Familien der Überlebenden übernommen, andere sind in einem Gemeinschaftsgrab auf dem Friedhof von Klatovy begraben.
Liste der Hingerichteten: https://www.fronta.cz/kalendar/popravy-v-lubech-u-klatov
Václav Fiala (*11. Januar 1955 in Klatovy/Klattau) ist ein tschechischer Maler und Bildhauer. Er besuchte von 1973 bis 1976 die Fachschule für Kunst und Handwerk in Prag und stellt seit 1976 aus. Im Jahr 1985 unternahm er eine Reise nach Indien und Nepal, über die er das Buch „In Indien nur so“ (1994) schrieb. Seit 1992 arbeitet er hauptsächlich mit Skulpturen. Im Jahr 1996 schuf er sein erstes Werk für den öffentlichen Raum in Rožnov pod Radhoštěm, das Denkmal für die Opfer der beiden Weltkriege. Er hat an zahlreichen internationalen Bildhauersymposien teilgenommen, die es ihm ermöglichten, Arbeiten aus Stein, Holz und Eisen zu entwickeln. Fialas skulpturaler Ansatz basiert auf der Reduktion von Formen und ist oft von der Architektur inspiriert. Selbst seine kleinen Skulpturen spiegeln seinen Sinn für Monumentalität wider. Eines der wichtigsten Merkmale von Fialas Werk ist sein Gespür für die Integration der Skulptur in den Raum. Er hat in Prag, New York, Sydney und anderen Städten ausgestellt und zahlreiche Preise für seine Arbeiten erhalten.
49.39158, 13.29975
Inschriften auf dem Denkmal:
AN DIE UM DAS LEBEN UND DEN TOD BERAUBTEN - AN DIE GEFALLENEN UND DIE OPFER DIESES ORTES – WIR WERDEN UNS IMMER ERINNERN
TSCHECHISCHER VEBAND DER FREIHEITSKÄMPFER IN KLATOVY, 1999
Inschriften auf der Gedenktafel am Eingang des Gartens:
Zur Zeit der Heydrichiade / vom 31. Mai bis 3. Juli 1942 / wurden hier / 73 tschechische Patrioten zum Tode verurteilt / und anschließend / im Wald von Luby erschossen. // Die Urnen mit der Asche der Hingerichteten / wurden gewaltsam geöffnet und die Asche / aus den meisten Urnen / im Garten verstreut. // Zum ewigen Gedenken wurde 1999 an dieser Stelle ein Denkmal, der "Steinerne Spiegel" vom Bildhauer Václav Fiala errichtet. // Es soll eine ständige Erinnerung an die Kraft des Patriotismus und das Heldentum unserer Nation sein. // DER BAU DES DENKMALS WURDE ERMÖGLICHT DURCH / BÜRGER UND SPONSOREN DER REGION KLATOVY / DIE STADT KLATOVY / DAS KREISAMT KLATOVY / DEN TSCHECHISCHEN VERBAND DER FREIHEITSKÄMPFER KLATOVY"
Fotos des Denkmals und der Villa
Fotos des Denkmals in Spálený les und des Gemeinschaftsgrabs auf dem Friedhof in Klatovy
Fišer, Marcel: Dva pomníky Václava Fialy. In: Fiala 2000, nestr.
Fišer, Marcel: Místa soustředěné paměti Václava Fialy. Lidové noviny, 16. 3. 2000.
https://www.fronta.cz/kalendar/popravy-v-lubech-u-klatov
http://www.vaclav-fiala.cz/sculptor/fr.asp?tab=vaclavfiala&id=231&burl=&pt=W1ST
http://www.socharstvi.info/realizace/kamenne-zrcadlo-pomnik-obetem-heydrichiady-1/
http://www.sumava.cz/rozcestnik/kultura-a-pamatky/architektura/vila-tovarnika-singera-klatovy/
https://www.vets.cz/vpm/mista/obec/441-klatovy/N%C3%A1rodn%C3%ADch%20mu%C4%8Dedn%C3%ADk%C5%AF/