Seit mehr als 20 Jahren trägt das Centrum für Europarecht an der Universität Passau (CEP) in der Dreiflüssestadt zu Forschung und Lehre zu aktuellen europäischen Themen bei, ob bei den Diskussionen um den EU-Verfassungsvertrag, die Wirtschafts- und Finanzkrise, den Brexit, die Covid- 19-Pandemie oder neuerdings den Angriffskrieg Rußlands gegen die Ukraine. Gegründet mit dem Ziel, Wissenschaft und Praxis im Europarecht zusammenzuführen, ist das CEP heute mit Vorträgen, Vorlesungen, Seminaren, wissenschaftlichen Aufsätzen und Gutachten fester Bestandteil des Europa- Schwerpunkts der Universität Passau. Das CEP ist ein gemeinnütziger Verein und der Universität Passau als An-Institut beigeordnet. Getragen wird das CEP von Absolventen der Universität Passau, die heute in führenden Funktionen in den EU-Institutionen, in Bundes- und Landesministerien, in Unternehmen, Notariat und Anwaltschaft, in Verwaltung und Wissenschaft in Deutschland und Österreich mit europarechtlichen Themen befasst sind und ihre Expertise im CEP ehrenamtlich zur Verfügung stellen.
Jetzt gibt es einen Führungswechsel beim CEP: Professor Dr. Michael Schweitzer, von 1980 bis 2008 Inhaber des Lehrstuhls für Staats- und Verwaltungsrecht, Völkerrecht und Europarecht und seit 2001 Wissenschaftlicher Direktor des CEP, übergibt die Leitung des CEP an Professor Dr. Martin Selmayr. Selmayr studierte Rechtswissenschaften an der Universität Passau, an der Universität Genf, am King’s College London sowie an der Universität von Kalifornien. Er spezialisierte sich früh im Europarecht und war von 1997 bis 2000 wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Professor Dr. Michael Schweitzer, bei dem er 2001 mit einer Arbeit zum Recht der Wirtschafts- und Währungsunion promovierte. Er ist seit 2004 Beamter der Europäischen Kommission. In der Kommission war Selmayr u.a. Kabinettchef von EU-Justizkommissarin Viviane Reding (2010-2014), Kabinettchef von EU- Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (2014-2018) und Generalsekretär der Europäischen Kommission (2018-2019). Er vertritt heute die Europäische Kommission als EU-Botschafter in Österreich. Das CEP hat in den vergangenen Jahren dafür gesorgt, dass Selmayr stets auch in Forschung und Lehre aktiv blieb. So lehrt er Europarecht an der Universität des Saarlandes, an der
Universität Wien sowie an der Donau-Universität in Krems, publiziert vielfach zu EU- verfassungsrechtlichen Fragen und ist u.a. Mitherausgeber und Mitautor des „Ehmann/Selmayr“, eines der führenden juristischen Kommentare zur EU-Datenschutzgrundverordnung. Seit 2021 ist Selmayr auch Mitglied des Universitätsrats der Universität Passau.
„Ich freue mich sehr darüber, dass Professor Dr. Martin Selmayr die wissenschaftliche Leitung des Centrums für Europarecht übernimmt und so seine langjährige europäische und wissenschaftliche Erfahrung noch stärker als schon bisher an der Universität Passau einbringt“, sagte Professor Dr. Ulrich Bartosch, der Präsident der Universität Passau. „Die Universität Passau ist eine wahrlich europäische Universität. Sie liegt an den Grenzen dreier europäischer Länder und nahe am früheren Eisernen Vorhang, der viel zu lange unseren Kontinent künstlich geteilt hat. Gerade jetzt, wo der Krieg nach Europa zurückgekehrt ist, müssen wir uns mit aller Kraft dafür einsetzen, Grenzen zu überwinden und Menschen im europäischen Geist zusammenzuführen. Die Universität Passau und ich persönlich sind deshalb Professor Dr. Michael Schweitzer zu großem Dank dafür verpflichtet, dass er vor zwanzig Jahren das CEP mit seinen damaligen wissenschaftlichen Mitarbeitern gegründet hat. Das exzellent vernetzte CEP leistet seither einen starken Beitrag, um hier in Passau auf der Basis praktischer Erfahrungen die rechtswissenschaftlichen Grundlagen unserer gemeinsamen Grundrechte, unserer gemeinsamen Währung und unseres Binnenmarktes zu erforschen und zu lehren. Immer wieder bringt das CEP Wissenschaftler und Praktiker, Lehrende und Studierende aus ganz Europa hier an der Universität Passau zusammen, um aktuelle europäische Fragestellungen zu diskutieren. Das CEP ist damit Teil des stetig wachsenden europäischen und internationalen Netwerks der Universität Passau, mit dem wir am „Friedensprojekt Europa“ mitwirken. Ich freue mich sehr auf die weitere Zusammenarbeit mit dem CEP und seinen Mitgliedern.“
„Schon als Student und später als wissenschaftlicher Mitarbeiter von Professor Dr. Michael Schweitzer habe ich die Universität Passau als idealen Ort kennen- und schätzengelernt, um europäisch vernetzt den aktuellen Fragen unserer Zeit kritisch auf den Grund gehen zu können“, so Professor Dr. Martin Selmayr, der neue wissenschaftliche Leiter des CEP. „Ich freue mich sehr darauf, die europarechtliche Arbeit in Passau gemeinsam mit den engagierten Mitgliedern und Mitarbeitern des CEP fortzusetzen. Professor Dr. Michael Schweitzer hat uns gelehrt, immer offen zu sein für andere Auffassungen, interdisziplinär zu denken und den Blick über die Grenzen des Nationalstaats und der eigenen Rechtsordnung hinaus zu richten. Anlässlich des Beitritts Österreichs zur Europäischen Union hat er uns das Verständnis dafür vermittelt, was europäische Integration für Bürger, Unternehmen und Behörden sehr konkret in der Praxis bedeutet, ob bei der Anerkennung eines in Österreich erworbenen Führerscheins in Deutschland oder der Zulassung einer deutschen Apothekerin in Österreich. Das CEP wird in diesem Sinne auch künftig eine praktische Sichtweise auf aktuelle Fragen des Europarechts einnehmen. In enger Zusammenarbeit mit der Universität Passau wollen wir dabei den Zukunftsthemen der Nachhaltigkeit und der Digitalisierung besondere Aufmerksamkeit in unserer wissenschaftlichen Arbeit schenken. Am wichtigsten aber ist: Europa muss der Kontinent sein und bleiben, auf dem die Stärke des Rechts gilt, nicht das Recht des Stärkeren. Dafür wird sich das CEP gerade jetzt verstärkt engagieren.“
Aus Anlass des Wechsels in seiner wissenschaftlichen Leitung und zur Ehrung der langjährigen erfolgreichen Tätigkeit von Professor Dr. Michael Schweitzer veranstaltet das CEP am Donnerstag, dem 28. April 2022, 17-19 Uhr, im Hörsaal 10 des Audimax-Gebäudes der Universität Passau (Innstr. 31) das wissenschaftliche Symposium „Europa.Recht.Zukunft“, das aktuellen EU-Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine gewidmet ist. Nach einem Grußwort von Universitätspräsident Professor Dr. Ulrich Bartosch hält Professor Dr. Martin Selmayr einen Einführungsvortrag zum Thema „Europa nach Putins Krieg: zwischen Solidarität, Neutralität und Souveränität“. Es folgt der Vortrag „Die EU - eine wehrhafte Rechtsgemeinschaft“, in dem sich Professor Dr. Werner Schroeder mit den Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine auf die aktuellen Rechtsstaatskonflikte mit Polen und Ungarn auseinandersetzt; Professor Dr. Schroeder habilitierte 1999 bei Professor Dr. Michael Schweitzer und ist heute Leiter des Instituts für Europarecht und Völkerrecht der Universität Innsbruck. Das Symposium schliesst mit einem Praktiker-Gespräch zu Europa(-Recht) in der Praxis vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine. Es diskutieren Sabine Ahlers-Reimann, Direktorin beim Bayerischen Landkreistag; Evelyn Graß, Referentin im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz; Dr. Yves Bock, LL.M.eur., General Counsel Smart Infrastructure der Siemens AG; sowie Professor Dr. Hans-Georg Kamann, Rechtsanwalt und Partner bei WilmerHale, Frankfurt am Main. Das Symposium wird moderiert von Tanja Selmayr, stellvertretende Vorsitzende des AlumniClubs der Universität Passau und Mitglied des Vorstands des Neuburger Gesprächskreises für Wissenschaft und Praxis. Das Symposium ist öffentlich. Es gelten die Corona-Regeln der Universität Passau.