Prof. Dr. Dr. Janusz Surzykiewicz
Die Pädagogik von Janusz Korczak in heutigen bildungs- und erziehungswissenschaftlichen Betrachtungen in Polen
Die Pädagogik und Person Janusz Korczaks inspiriert bis heute weltweit die bildungstheoretische Entwicklung und prägt das pädagogische Handeln. Wie aber sieht die Situation in seiner Heimat aus? Mit systematischem Blick beleuchtet der Beitrag zunächst die historische Dimension, um dann die gegenwärtige Rezeption seines Lebenswerks in Polen kritisch zu reflektieren.
Der historische Korczak und seine Pädagogik zeigen sich im polnischen Erziehungs- und Bildungsverständnis nicht immer kontrastfrei. Zugleich jedoch ermöglicht dieser Spannungszustand interessante Anstöße zur Ableitung eines Theorems für transformatives Lernen und Bildungsprozesse. So etwa verbleibt Janusz Korczak mit seiner Kindheitsauffassung ein immerwährend aktueller Hauptvertreter einer „neuen Kindheit“. So war er schon zu seinen Lebzeiten als Arzt, Schriftsteller, Philosoph und Pädagoge multiprofessionell versiert und betonte sowohl in seiner pädagogischen und journalistischen Tätigkeit, als auch in seinem praktischen Handeln stets die Bedeutung der Individualität bzw. Einmaligkeit jedes Kindes. Mit der für seine Zeit revolutionären Erkenntnis, dass "Kinder keine Menschen der Zukunft sind, sondern die Menschen von heute" begründete er eine hochmoderne entwicklungspsychologische Anthropologie mit enormem Innovationspotential auch für die heutige Pädagogik. Zugleich eröffnet sein Verständnis von Kindheit bzw. der „Welt des Kindes“ in einer stärker kontextualisierten Betrachtung interessante Möglichkeiten zur pädagogischen Ausgestaltung des kindlichen Lebens- und Bildungsraums, etwa in der Weiterentwicklung des Cyberspace-Diskurses in Forschung und Praxis.
Dies lässt sich auch mit der Diskussion um zunehmend heterogener werdende Lernbedingungen verknüpfen, insbesondere Themen wie „Pädagogik der Vielfalt“ bzw. „Schule für alle“ lassen sich hierbei zu einer geeigneten Formel für die Diskussion über Korczaks Ideen zusammenzuführen und damit auch die zum Teil separierten sonderpädagogischen Integrations-/Inklusions-, geschlechter- und migrationspädagogischen Diskurse einbinden. Die daran anschließende Forderung nach einer verstärkten Entwicklung „individueller Förderung“ und „adaptiver Lehrer/-innenkompetenz“ wird weitergedacht.
Zusammenfassend fokussiert der Beitrag in einer vielschichtigen Analyse Korczaks Erbe auf die Ableitung pädagogischer Impulse im Kontext gegenwärtiger Entwicklungen und Herausforderungen. Ziel hierbei ist es, verschiedene Paradigmen der polnischen Erziehungs- und Bildungswissenschaft von Korczaks Pädagogik zu inspirieren und auf diese Weise weiterzuentwickeln.
Lebenslauf
Janusz Surzykiewicz (Prof. Dr. phil. habil. Dr. theol.) erwarb seine akademischen Qualifikationen in den Bereichen Pädagogik, Psychologie und Theologie an renommierten Universitäten in Polen, Italien, USA und Deutschland. Er lehrte und forschte an der Universität Warschau und der Universität Kardinal Stefan Wyszyński in Warschau. Von 2008-2014 war er an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt Professor für Pastoraltheologie und Grundlagen der Psychologie, seit 2015 ist er Inhaber des Lehrstuhls für Sozial- und Gesundheitspädagogik. Seine Forschungsschwerpunkte konzentrieren sich auf die ressourcenorientierten psychosozialen Fragestellungen, speziell zu Resilienz, Spiritualität/Achtsamkeit und Wohlbefinden, Work-Life-Balance sowie soziale Inklusion. Er leitet internationale Forschungsprojekte, ist Mitglied bei verschiedenen Fachorganisationen und Autor von zahlreichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Als zertifizierter Lehrtrainer und Coach engagiert er sich in den internationalen Coaching-Verbänden ICI und EASC sowie in der Gemeindeseelsorge.