Im Dialog mit Berater und Publizist Prof. Sigmund Gottlieb nahmen der indische Botschafter in Deutschland S.E. Harish Parvathaneni und der deutsche Botschafter in der Republik Indien S.E. Dr. Philipp Ackermann, die Spezialistin für Global and Area Studies Prof. Dr. Amrita Narlikar (Universität Hamburg), ARD-Indien-Korrespondentin Charlotte Horn, Migrationsexpertin Vanessa Ahuja (Vorständin Leistungen und Internationales bei der Bundesagentur für Arbeit) das politische und wirtschaftspolitische Indien der Gegenwart in den Fokus – flankiert von Podien mit Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftlern und Unternehmern aus der Universität und der Region.
Die wenige Tage zurückliegende Parlamentswahl in Indien, mit rund 970 Millionen Wählerinnen und Wählern der bislang größte demokratische Urnengang in der Geschichte, wurde dabei ebenso thematisiert wie die beispiellose Digitalisierung und die Erwartungen deutscher Unternehmen und Hochschulen an die fünftgrößte und wachstumsstärkste Volkswirtschaft der Welt. Botschafter Parvathaneni, der sich bereits am Vortag mit indischen Studierenden an der Universität Passau sowie Vertreterinnen und Vertretern der regionalen Politik und Wirtschaft ausgetauscht hatte, warb mit Nachdruck für die Potenziale Indiens, insbesondere für Bildung und Mittelstand: Die Zeit sei günstiger denn je für Kooperationen auf unterschiedlichster Ebene, nie sei die Offenheit auf beiden Seiten größer gewesen – und gemeinsame Herausforderungen, allen voran die Energiewende, gebe es genug.
Definitiv könne Deutschland von Indien nicht nur im Hinblick auf dessen „glänzende Bewältigung der Digitalisierung“ einiges lernen, wie Botschafter Ackermann betonte: Indien sei wahrlich kein Land ohne Probleme, aber dennoch „ein Land voller Zuversicht, geprägt durch ein Grundvertrauen, dass die Zukunft es besser mit uns meint – und das führt dazu, dass viele Inderinnen und Inder extrem unternehmerisch und mobil auf die Welt zugehen.“
Sein Eindruck wurde durch die von Christian Wallstabe (Wallstabe & Schneider GmbH & Co. KG) moderierte Runde mit Peter Born (Commerzbank AG Mumbai), Chaitanya Divekar (Divekar Wallstabe & Schneider Ltd., Indien), Martin Wörlein (Rödl & Partner Neu-Delhi) und Sebastian Zang (Beta Systems Software AG) bestätigt, die sehr konkrete Einblicke in ihre unternehmerischen Begegnungen und interkulturellen Erfahrungen mit Indien und seinen Menschen teilten.
Wie gelebte Partnerschaften mit Indien im Hochschulbereich Gestalt annehmen und gelingen können, stellten Prof. Dr. Carola Jungwirth (Universität Passau), Prof. Dr. Saji Mathew (Indian Institute of Technology Madras) und der Präsident der Hochschule Hof Prof. Dr. Dr. h. c. Jürgen Lehmann im Gespräch mit Dr. Daniela Fischer (AXA Schweiz) unter Beweis. Junge Menschen aus Indien sähen Deutschland als enorme Chance – nicht allein wegen seiner akademischen Möglichkeiten, sondern auch aufgrund seiner Lage als „Tor zu Europa“. Eine erfolgreiche Bildungszusammenarbeit verlange von den Hochschulen aber auch ein hohes Engagement im Hinblick auf Willkommenskultur und Begegnung, unterstrich Lehmann, der auch Vorsitzender des Bayerisch-Indischen Zentrums für Wirtschaft und Hochschulen BayIND ist. Ein Drittel der Studierenden in Hof kommt derzeit aus Indien, am Passauer Campus ist Indien aktuell die am drittstärksten vertretene Nation – ein gewaltiger Auftrag an die Hochschulen, deren ganzheitliche Integration bis hin zur Gewinnung indischer Absolventinnen und Absolventen für den regionalen Arbeitsmarkt zu gestalten, wie auch Präsident Prof. Dr. Ulrich Bartosch eingangs hervorgehoben hatte.
Robin Mallick, Leiter des Goethe-Instituts China, erläuterte im Gespräch mit Dr. Fritz Audebert die Perspektive Chinas auf Indien. Robin Mallick der selbst indische Wurzeln hat, lebte zuvor lange in Neu-Delhi, wo er für die Programmleitung für Südasien zuständig war. Das Verhältnis dieser beiden Großmächte zueinander werde auch das zukünftige Weltgeschehen mitbestimmen, so Mallick. Dr. Fritz Audebert moderierte als 1. Vorsitzender des Neuburger Gesprächskreises das gesamte Symposion.
Welche Stärken Indien insbesondere in Bezug auf Wirtschaft, Klimawandel, Geopolitik und Erwerbsmigration spielen kann, welche unbequemen Fragen gestellt werden sollten und was Deutschland für Indien besonders interessant macht, arbeitete Botschafter Ackermann später am Abend in seiner Dinnerspeech heraus – flankiert von Prof. Dr. Dr. h.c. Sir Ralf Speth (Tata Motors), der einen lebhaften und unterhaltsamen Einblick in Charakter und (Unternehmens-)Kultur Indiens und seiner Menschen gab. „Statt ‚Incredible India‘ müsste es eigentlich ‚Inevitable India‘ heißen“, so Ackermanns Fazit. „Man kommt an dieser Nation nicht vorbei.“
Die 2023 begonnen Partnerschaft des Gesprächskreises mit Dr. Arno Lippert, CEO der internationalen Spirituosengruppe MBev Holding, wurde in diesem Jahr ebenso fortgesetzt wie die Zusammenarbeit mit den Festspielen Europäische Wochen die einen fulminanten Auftritt von Benjamin Günst (Violine) und Cosima Regina Federle (Violoncello) ermöglichten. Mit Werken von Jean-Philippe Rameau, Maurice Ravel und Johann Sebastian Bach setzte das junge Duo den klangvollen Schlusspunkt hinter das Vortragsprogramm und ein glühendes Statement für die universelle Sprache der Musik.