Sie sind Experte zum Thema Lehrpersönlichkeit. Woher kommt Ihre Motivation, sich mit diesem Thema zu beschäftigen?
Mir gefällt der Gedanke, etwas zum persönlichen Wachstum von Personen beizutragen und insbesondere Lehrende mittelbar in ihrer Profession zu unterstützen. Seit inzwischen über 20 Jahren unterstütze ich Persönlichkeiten beim Wachsen z.B. in Form von Einzelcoachings und Teamentwicklungen und führe Veranstaltungen durch. Das Seminar „Selbststeuerung und persönliche Reifung als Lehrende/r“ ist speziell auf den universitären Lehrkontext zugeschnitten.
Weshalb ist gerade die Kompetenz zu Selbststeuerung für Lehrende relevant?
Ich versuche es mit einem Sprachbild: Sie als Lehrende sind Expert*innen ihrer jeweiligen Disziplin. Niemand kann Ihnen inhaltlich das Wasser reichen. Die Lehrprofession (das Können der Lehre) ist wie der Scheinwerfer nach außen, der das Licht der Fachexpertise zu den Studierenden trägt. Obwohl die Fachexpertise felsenfest vorhanden ist, funktioniert dieser Scheinwerfer manchmal nicht so wie er soll - er ist in bestimmten Situationen „verschattet“ und das Licht kommt nicht durch.
Ein Beispiel: Eine gestandene Lehrpersönlichkeit ist sich ihrer Expertise sicher und selbstbewusst in der Profession unterwegs. Manchmal gerät sie jedoch innerlich aus der Balance, z.B. weil auffallend gekichert wird, eine Autoritätsperson mit kritischer Mimik den Raum betritt oder eine Frage sich innerlich wie ein Angriff auf das Selbst anfühlt… Wir alle haben solche Momente, in denen unser Scheinwerfer nach außen mal aussetzt oder verschattet wirkt. Das Licht kommt manchmal nicht so richtig an.
Die Kompetenz zur Selbststeuerung ist hier wie die Taschenlampe nach innen: Achtsam schauen, wann wir solch sensible Momente haben, was dabei in uns passiert - und lernen damit umzugehen. Vorher Unbewusstes in die bewusste Achtsamkeit und damit in Regie = achtsame Selbststeuerung nehmen. Das ist im Fokus der Veranstaltung.
Wie werden diese Inhalte Ihrer Erfahrung nach am besten vermittelt?
Wir gestalten das Seminar gemeinsam. Natürlich vermittle ich auch Wissen und Theorie — wesentlich geht es jedoch um die Selbst-Erfahrung des eigenen Innen und darum, einander bei dieser Erkundung auf gute Weise zu unterstützen. Dies kann durchaus auch berührend und emotional sein und geschieht im Kontakt mit mir als Dozent sowie zwischen den Teilnehmenden und in Teilgruppen. Die (inneren) Anliegen der Teilnehmenden sind unser Programm - die Methoden richte ich daran aus.
Was dürfen Ihre Teilnehmenden in Ihrem kommenden Seminar „Selbststeuerung und persönliche Reifung als Lehrende/r“ erwarten?
…dass sie achtsam mit ihrer Taschenlampe nach innen leuchten und ihnen die Entdeckungen und Erkenntnisse hilfreich für das Wachstum im Außen sind - für die Strahlkraft des eigenen Scheinwerfers.
Vielen Dank für das Interview!
Das Interview führte Martina Gallenmüller, Koordinatorin und Trainerin LEHRE+